Sunday, July 4, 2010

...und irgendwie bin ich doch in Deutschland...



Die Brasilianer sind im Deutschlandfieber. Hab mal ein kleines Video von der Deutsch-Brasilianischen Co-Celebration gemacht, damit ihr mal einen Einblick habt, was an der Copacabana so ging.
Die brasilianische Antipathie gegenüber den Argentiniern (und nicht zu vergessen das eigene Ausscheiden - hab noch nicht geschaut aber ich glaub die Flagge müsste auf Halbmast hängen) uferte in bedingungslose Unterstützung der Deutschen aus.

Lustig so viele Brasilianer in Deutschlandtrikots zu sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=XQoy3zIqGnE

Fürchte bei einem möglichen Endmatch Uruguay x Deutschland dürfte sich die Anzahl der Fans wieder verringert haben...

Fiebrige Grüße aus Rio,
eure Antje

Saturday, May 1, 2010

Freizeit - ein wertvolles Gut

Besorgte Anfragen bezüglich meines Gesundheitszustandes, phantasievolle Vermutungen ob der Gründe für meine phänomenal miserable Berichterstattung und mein enorm schlechtes Gewissen treiben mich dazu einen neuen Blogeintrag (seit Februar? eieiei) zu erstellen und für Klarheit zu sorgen.

Vermutung Nummer 1: Von Wassermassen weggeschwemmt?

So nicht ganz richtig. Ganz im Gegenteil: ich durfte laut Bürgermeister eigentlich meine Wohnung gar nicht verlassen. Da mein Portugiesisch aber immer noch besorgniserregend schlecht ist (andererseits gehört "Ausnahmezustand" ja nicht zum Wortschatz eines Anfängers...), ich keinen Fernseher besitze, man in Ipanema von all dem Chaos kaum etwas mitbekam, nutzte ich den ersten der beiden schulfreien Tage nichtsahnend für eine Sightseeing Tour mit Steffi, die zu Besuch war. Da wir die Chaosgebiete mit der Metro unterfuhren, ließen uns erst geschlossene Geschäfte, Kirchen und Museen und menschenleere Straßen in der Innenstadt begrenzt stutzig werden. Der wieder anfangende Regen trieb uns heim, wo wir von Dagmar das Ausmaß der Zerstörung erzählt bekamen. Meine Schule war nicht wie vermutet durch einen Stromausfall ausgefallen, sondern da Schlammmassen aus der angrenzenden Favela die Zugangsstraßen verstopften bzw. überforderte Abflüsse die Straßen (wie in vielen anderen Stadtteilen) mit knie- bis hüfthohem Wasser überfluteten. Die Favelas in Santa Teresa und Niteroi hatte es besonders hart getroffen: viele Häuser waren einfach abgerutscht und mit ihnen wurden viele Menschen in den Tod gerissen oder das geringere Übel: obdachlos.

Hier mal ein kleiner Einblick wie es in einzelnen Stadtteilen zugegangen ist:

http://www.gruposal.com.br/blog/?p=3910&cpage=1#comment-3957

Vermutung Nummer 2: Im Regenwald verloren gegangen?

Nein. Dabei hab ich's wirklich mehrmals versucht:

1.Bei der schweißtreibenden Besteigung des Pico de Papagaio nahe Rio:




2. Bei den Wasserfällen von Iguacu (Dreiländereck: Brasilien/Argentinien/Paraguay) war es nur schwer möglich sich bei betonierten Wanderpfaden im Dschungel zu verlieren, schon weil man von den Touristenmassen in der Spur gehalten wurde. Der Anblick der Wasserfälle hat aber dann doch die enttäuschte Hoffnung auf Abenteuer, zerstörte Frisuren und Kameras (weil beides nur begrenzt wasserdicht) kompensiert:






Vermutung 3: Mit dem Surfbrett untergegangen?




HA! Icke doch nich! Aber auch nur weil ich die Male, die ich surfen war an, naja immerhin schon mehr als einer Hand, abzählen kann. Die schönsten Surfversuche fanden auf der idyllischen Traum- und ehemaligen Piraten- und Gefängnisinsel Ilha Grande nahe Rio statt auf der ich 4 wunderschöne Tage mit Antje, Christian, meiner Miwo Dagmar und meiner Kollegin Janina verbracht habe: Hier eine pittoreske Kurzzusammenfassung:









Vermutung 4: Die Frau macht zu viel Urlaub

Hm, ich würde es eher hocheffiziente Freizeitnutzung der wenigen freien Wochenenden nennen. Fakt ist, dass die Brasilianer entgegen der vorherrschenden Meinung unglaubliche Arbeitstiere sind und ich in diesen Sog gezogen werde. Auch wenn die Bilder ein anderen Eindruck vermitteln, sind sie das Ergebnis einer Arbeitsflucht. 80 Arbeitsstunden in der Woche sind keine Seltenheit. Aber das Leben ist kein Ponyhof. Auch kein Strandviertel, wie meine Mitbewohnerin sagen würde. Jammern auf hohem Niveau, würdet ihr dazu sagen...
Wie dem auch sei. Welche Vermutung am allerwenigsten stimmt, ist die, dass ich euch vergessen habe. Ich trage zum Schlafen nach wie vor mein Berlinshirt und werde natürlich bei der WM (die malen hier echt die Bürgersteige grün-gelb an, tse) für Deutschland jubeln...

Ich drücke euch aus dem winterlichen Rio (25 Grad, brrrrr).

Beijo,
Antje

Friday, February 19, 2010

Knutschen für eine bessere Welt


Schwester Dagmar, icke und Schwester Janina

So, Karneval ist heute vorbei. Die Stadt kehrt langsam von dem nun schon mehr als 2 Wochen währenden Ausnahme- zum Normalzustand zurück. Wenn man in Rio von einem Normalzustand sprechen kann.
Haupterkenntnis: Brasilianer sind wirklich nicht schüchtern. Während den deutschen Männern der Ruf "subtiler Flirter" nachhängt, bleibt hier in Rio wenig Raum für Missverständnisse. Wenn man Glück hat, wird man vorher noch gefragt, ob man knutschen will... wenn nicht, kann man auch nicht grade von Pech reden...
Jedenfalls kann man 24h feiern auf sogenannten "blocos", Straßenumzügen in verschiedenen Teilen der Stadt.





Bloco in Ipanema


Stärkungsfrühstück mit Ausblick in der Wohnung meiner Kolleginnen vor dem Carmelitas Bloco, zweite von links ist Dagmar, meine Mitbewohnerin


Carmelitas Bloco in Santa Teresa

Im Rahmen meiner soziologischen Feldstudien konnte ich folgendes beobachten: es wird 1. sich zu einer bestimmten Uhrzeit versammelt (concentracao), 2. ordentlich gebechert, 3. sich gegenseitig mit Wasser vollgespritzt und Luft zugefächert mit Papierfächern, auf denen auch dankbarerweise der Text des Liedes steht, das die nächsten Stunden immer dasselbe sein wird, 5. selbiges Lied aus vollem Halse gesungen, 6. dazu mit dem Popo gewackelt (spätestens hier wird man als Tourist erkannt), 7.(oder an beliebiger Stelle) nach potentiellen Knutschopfern Ausschau gehalten, 8. geknutscht (zu allen Zeiten möglich), 9. versucht seine Freunde in den Massen wiederzufinden und 10. (falls 9. nicht erfolgreich) werden neue Freunde gemacht.
Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass 4. fehlt. Mein Fehler. Hab nur keine Lust gehabt die Zahlen nochmal zu ändern. (Vielleicht könnte man noch die Benutzung der übelriechenden Dixieklos erwähnen, aber das passt nicht ganz zum Rest des harmonisch gezeichneten Bildes, daher lass ich's doch lieber weg. Is man ja außerdem als versierter Festivalgänger gewohnt). Hier etwas Beweismaterial:

http://www.youtube.com/watch?v=qUYryCZQAGI

(Wollte das Video als link einfügen, aber wollte Herr blog nicht so richtig, also einfach kopieren und einfügen...)

Im Sambodromo, da wo die Sambaschulen in 1h 20min die Früchte ihrer unermüdlichen, ein Jahr währenden Arbeit präsentieren, läuft alles etwas familiärer und gesitteter ab. Komischerweise werden hier am Eingang Kondome verteilt, die vielleicht nicht ganz im Sinne des Erfinders, zu Ballons aufgeblasen und im Stadion herumgebounct werden.

Um das Bild bouncender Kondome nicht als eindrucksvollstes in euren Köpfen verweilen zu lassen und weil sich die Geschehnisse jeder verbalen Dokumentation entziehen, hab ich mal was vorbereitet:

http://www.youtube.com/watch?v=LIyacSdEe3A

Man fragt sich wo das ganz Geld herkommt (der Ausschnitt zeigt nur einen Bruchteil der gesamten Prozession EINER Sambaschule), wenn man bedenkt, dass die meisten Sambaschulen Favelas entspringen. Der informierte Leser weiß woher.

Da das Leben aber nun mal kein Ponyhof ist, muss ich mich jetzt mal wieder an meine Unterrichtsvorbereitung setzen. Habe mir aber neulich einen Neoprenanzug gekauft. Der wird demnächst mal ausprobiert. Schon mal so als kleiner Teaser, damit ihr am Ball/Blog bleibt...

Es grüßt euch schwitzend,
eure Antje

Thursday, February 4, 2010

Freunde der Sonne,
endlich schaffe ich es von mir hören zu lassen, seit meiner Ankunft in Rio de Janeiro. Ein Grund für meine stiefmütterliche Berichterstattung ist die Stadt selber. Ich schaffe es einfach nicht über Essens- und Schlafenszeit hinaus zu Hause zu bleiben obwohl es so gemütlich in meiner neuen Wohnung ist und ich mich mit meiner neuen Mitbewohnerin sehr gut verstehe. Es gibt so viel zu entdecken und dann scheint auch immer noch die Sonne (furchtbar!), so dass man gezwungenermaßen raus muss. Naja, dunkel wird's hier auch schon mal, aber dann zu Hause zu bleiben, wär noch viel bescheuerter.
Apropos Wetter (dann habt ihr das schlimmste hinter euch): seit meiner Ankunft sind es täglich zwischen 32 und 40°, was nicht heißt, dass ich jeden Tag am Strand bin (obwohl ich traumhafterweise nur 5 Minuten vom Strand in Ipanema entfernt wohne). Is mir einfach zu heiß. Aber Akklimatisierung erkennbar (verspüre nur noch alle Stunde statt alle halbe Stunde den Drang zum Duschen). Hautfarbe fast unverändert. Mit 30er Sonnencreme kann dit ja auch nüscht werden. Aber alles andere fällt unter die Kategorie Selbstverstümmelung.
Besonders viel Zeit zur Erkundung hatte ich nicht nach meiner Ankunft. So etwas 5 Tage. Dann fing am 1.Februar schon die Schule (exklusive Schüler) an, d.h. Konferenzen bis zum Abwinken. Seit dieser Woche dürfen die Schüler auch wieder mitmachen. Die Schule an sich ist ein Traum. Zunächst kann ich das zwar nur über's Erscheinungsbild, das Kollegium (mit denen ich viel unternehme) und große Teile der Schülerschaft sagen. Alles andere wird sich zeigen. Hier ein Eindruck:

Wie der Name "Escola Alema Corcovado" schon sagt, liegt sie direkt beim Christo, und grenzt skurrilerweise an die Favela Dona Marta (in der übrigens Beyoncé und Alicia Keys vor ein paar Tagen ihr neues Musikvideo gedreht haben). Die Favela ist mittlerweile befriedet, früher flogen hier schon das ein oder andere Mal Patronenhülsen auf das Schulgelände und selbiges musste wegen Gefechten evakuiert werden...)

Und hier bei Nacht (das Leuchtende links unten ist die Schule), rechts die Favela und links oben natürlich der Christo):















Folgendes konnte aber vor Schulbeginn schon zusammen mit meiner süßen spanischen Flugzeugnachbarin Mireia touristisch erschlossen werden:
Zuckerhut erklommen (das ist der auf dem ersten Bild ganz weit im Hintergrund):






























Copacabana erobert:













Neue Freundschaften geschlossen beim Klettern und Baden im Wasserfall von Floresta de Tijuca (dem Dschungel von Rio):















Gefeiert wurde auch schon ordentlich. Obwohl der Karneval gestern erst so richtig angefangen hat, ist die Stadt schon seit 2 Wochen im Ausnahmezustand. Jeden Tag kann man sich auf sogenannten "blocos" (also Umzüge, mit "baterias" (Trommelbands) oder nur Musikanlage) zum tanzen, trinken und knutschen verführen lassen. Bei mir bleibt's natürlich nur bei den ersten beiden Kategorien Papa...

















Die Cariocas (Bewohner von Rio) sind wirklich so schön, sportlich (ob morgens um 6 oder zur glühenden Mittagshitze - ständig wird hier gelaufen) und ausgesprochen nett und kommunikativ wie ihr Ruf. Selbst Sprachbehinderte wie ich werden nicht ausgeschlossen. Mein Portugiesisch ist immer noch grottenschlecht - ich spreche einfach zu viel deutsch hier und die Cariocas sind nicht gerade berüchtigt für ihre klare und langsame Aussprache. Aber schön hört sich's an, auch wenn ich nicht weiß, worum zum Teufel es geht. Aber wär ja gelacht - das wird schon...


So, ich hab noch viel mehr zu berichten, aber es drängt mich nach draußen. Schließlich ist Karneval. Werde heut abend mal versuchen mit ein paar Freunden ins Sambodromo zu kommen, da wo die Sambaschulen um den ersten Preis tanzen.
Werd dann auch mal ein paar Videos hochladen.
Mit einem beijo grande verabschiede ich mich.
Eure Antje