Saturday, May 1, 2010

Freizeit - ein wertvolles Gut

Besorgte Anfragen bezüglich meines Gesundheitszustandes, phantasievolle Vermutungen ob der Gründe für meine phänomenal miserable Berichterstattung und mein enorm schlechtes Gewissen treiben mich dazu einen neuen Blogeintrag (seit Februar? eieiei) zu erstellen und für Klarheit zu sorgen.

Vermutung Nummer 1: Von Wassermassen weggeschwemmt?

So nicht ganz richtig. Ganz im Gegenteil: ich durfte laut Bürgermeister eigentlich meine Wohnung gar nicht verlassen. Da mein Portugiesisch aber immer noch besorgniserregend schlecht ist (andererseits gehört "Ausnahmezustand" ja nicht zum Wortschatz eines Anfängers...), ich keinen Fernseher besitze, man in Ipanema von all dem Chaos kaum etwas mitbekam, nutzte ich den ersten der beiden schulfreien Tage nichtsahnend für eine Sightseeing Tour mit Steffi, die zu Besuch war. Da wir die Chaosgebiete mit der Metro unterfuhren, ließen uns erst geschlossene Geschäfte, Kirchen und Museen und menschenleere Straßen in der Innenstadt begrenzt stutzig werden. Der wieder anfangende Regen trieb uns heim, wo wir von Dagmar das Ausmaß der Zerstörung erzählt bekamen. Meine Schule war nicht wie vermutet durch einen Stromausfall ausgefallen, sondern da Schlammmassen aus der angrenzenden Favela die Zugangsstraßen verstopften bzw. überforderte Abflüsse die Straßen (wie in vielen anderen Stadtteilen) mit knie- bis hüfthohem Wasser überfluteten. Die Favelas in Santa Teresa und Niteroi hatte es besonders hart getroffen: viele Häuser waren einfach abgerutscht und mit ihnen wurden viele Menschen in den Tod gerissen oder das geringere Übel: obdachlos.

Hier mal ein kleiner Einblick wie es in einzelnen Stadtteilen zugegangen ist:

http://www.gruposal.com.br/blog/?p=3910&cpage=1#comment-3957

Vermutung Nummer 2: Im Regenwald verloren gegangen?

Nein. Dabei hab ich's wirklich mehrmals versucht:

1.Bei der schweißtreibenden Besteigung des Pico de Papagaio nahe Rio:




2. Bei den Wasserfällen von Iguacu (Dreiländereck: Brasilien/Argentinien/Paraguay) war es nur schwer möglich sich bei betonierten Wanderpfaden im Dschungel zu verlieren, schon weil man von den Touristenmassen in der Spur gehalten wurde. Der Anblick der Wasserfälle hat aber dann doch die enttäuschte Hoffnung auf Abenteuer, zerstörte Frisuren und Kameras (weil beides nur begrenzt wasserdicht) kompensiert:






Vermutung 3: Mit dem Surfbrett untergegangen?




HA! Icke doch nich! Aber auch nur weil ich die Male, die ich surfen war an, naja immerhin schon mehr als einer Hand, abzählen kann. Die schönsten Surfversuche fanden auf der idyllischen Traum- und ehemaligen Piraten- und Gefängnisinsel Ilha Grande nahe Rio statt auf der ich 4 wunderschöne Tage mit Antje, Christian, meiner Miwo Dagmar und meiner Kollegin Janina verbracht habe: Hier eine pittoreske Kurzzusammenfassung:









Vermutung 4: Die Frau macht zu viel Urlaub

Hm, ich würde es eher hocheffiziente Freizeitnutzung der wenigen freien Wochenenden nennen. Fakt ist, dass die Brasilianer entgegen der vorherrschenden Meinung unglaubliche Arbeitstiere sind und ich in diesen Sog gezogen werde. Auch wenn die Bilder ein anderen Eindruck vermitteln, sind sie das Ergebnis einer Arbeitsflucht. 80 Arbeitsstunden in der Woche sind keine Seltenheit. Aber das Leben ist kein Ponyhof. Auch kein Strandviertel, wie meine Mitbewohnerin sagen würde. Jammern auf hohem Niveau, würdet ihr dazu sagen...
Wie dem auch sei. Welche Vermutung am allerwenigsten stimmt, ist die, dass ich euch vergessen habe. Ich trage zum Schlafen nach wie vor mein Berlinshirt und werde natürlich bei der WM (die malen hier echt die Bürgersteige grün-gelb an, tse) für Deutschland jubeln...

Ich drücke euch aus dem winterlichen Rio (25 Grad, brrrrr).

Beijo,
Antje